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Stundensatz berechnen als Freelancer in 3 Schritten

Wie viel kann und sollte ich als Selbstständiger verlangen? Lies hier, wie du als Freelancer sinnvoll deinen Stundensatz oder Tagessatz berechnen kannst.

Dunja Reiber
Dunja Reiber

Jan 04, 2022

Viele Freelancer rechnen nach Stunden ab. Doch wie lässt sich der passende Stundensatz berechnen? Du willst schließlich gut verdienen, aber andererseits deine potenziellen Auftraggeber auch nicht abschrecken. In diesem Artikel zeigen wir dir, wie du in 3 Schritten deinen Stundensatz oder Tagessatz als Freelancer berechnen kannst und welche Faktoren dabei zu berücksichtigen sind. Das gibt dir einen Eindruck, wie hoch dein "Freelancer-Gehalt" ausfallen kann.

Schritt 1: Bedarf berechnen

An erster Stelle steht die Frage: Wie viel Geld brauche ich überhaupt monatlich? Wenn du noch recht neu als Freelancer bist und vorher angestellt warst, ist diese Frage vielleicht gar nicht so leicht zu beantworten. Denn als Selbstständiger hast du andere Ausgaben und musst viel mehr berücksichtigen.

Auf der einen Seite stehen private Ausgaben, zum Beispiel für Miete, Lebensmittel, Kleidung, Mobilität, Versicherungen. Als Freelancer kommen aber noch viele berufliche Kosten hinzu. Das können sein:

  • Arbeitsgeräte, z. B. Laptop, Monitor
  • Büromiete oder Coworking Spaces
  • Software
  • Marketingausgaben
  • Weiterbildung
  • Steuerberatung
  • Reisekosten
  • Versicherungen, z. B. Berufshaftpflicht

Ebenfalls nicht zu vergessen: Als Freelancer zahlst du auf dein Einkommen Steuern, die von deiner Einkommenshöhe abhängig sind. Anders als bei Angestellten werden die Steuern aber nicht direkt von deinem Einkommen abgezogen, sondern du bezahlst sie selbst an das Finanzamt. Als Faustregel kannst du etwa 30 Prozent deines Einkommens für diesen Zweck verplanen und du solltest diesen Anteil regelmäßig zur Seite legen. Berücksichtige also die Steuern, wenn du deinen Stundensatz berechnest.

Wenn du mehr über Steuern als Freelancer wissen willst, lies unsere Guide dazu.

Auch Krankenversicherung und Altersvorsorge liegen als Freelancer allein bei dir. Du kannst dich entweder privat krankenversichern oder (sofern du vorher schon gesetzlich versichert warst) freiwillig die gesetzliche Krankenversicherung nutzen. In beiden Fällen zahlst du die monatlichen Beiträge selbst und solltest sie bei deinem Bedarf berücksichtigen. Das gilt genauso für die Altersvorsorge: Du kannst eine private Altersvorsorge abschließen und/oder freiwillig in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Die Beiträge sind jedenfalls zusätzliche Kosten, die du einkalkulieren musst. Hinzu kommen möglicherweise weitere Versicherungen als Freelancer.

Bedenke außerdem, dass du gewisse Rücklagen brauchst – sowohl für dein Business als auch für dich privat, wenn unvorhergesehene Ausgaben anstehen.

Wenn du all diese Summen auflistest, erhältst du deinen monatlichen Bedarf und kannst daraus schnell deinen Jahresbedarf errechnen. Das kann sinnvoll sein, weil du nicht jeden Monat gleich viel verdienen wirst. Im Sommer sowie um Weihnachten herum erleben viele Freelancer eine kleine Auftragsflaute, da ihre Auftraggeber im Urlaub sind. Und du selbst möchtest vermutlich ebenfalls hin und wieder verreisen oder freinehmen und kannst nicht das ganze Jahr gleichermaßen durcharbeiten. Um diese Zeiten auszugleichen, ist es gut, deinen Jahresbedarf zu kennen. So kannst du sozusagen dein "Freelancer-Gehalt" berechnen, das du im Jahr brauchst.

Du startest gerade erst als Freelancer? Dann schau dir unsere komplette Checkliste an, damit du an alles denkst.

Schritt 2: Verfügbare Arbeitszeit ermitteln

Ein Jahr hat 365 Tage, doch nur an einem Teil davon kannst du auch tatsächlich arbeiten. Abziehen solltest du:

  • Wochenenden (104 Tage)
  • Feiertage (je nach Jahr und Bundesland ca. 12 Tage)
  • Urlaub (je nach deinen Wünschen 20-30 Tage)
  • Krankheitstage (ca. 10 Tage)
  • Weiterbildung und Veranstaltungen (je nach Tätigkeit ca. 5 Tage)
  • evtl. Tage für Krankheit von Kindern

Du hast also etwa 205 Arbeitstage pro Jahr zur Verfügung, das sind durchschnittlich rund 17 Tage im Monat.

Aber auch an diesen Tagen kannst du keine 8 Stunden arbeiten. Als Freelancer brauchst du Zeit für unbezahlte Tätigkeiten, zum Beispiel Kundenakquise oder Buchhaltung. Vielleicht hast du zwischendurch mal Leerlauf und wartest auf den nächsten Auftrag.

Oft wird empfohlen, nur die Hälfte der verfügbaren Zeit pro Woche als abrechenbare Zeit einzuplanen, also zum Beispiel 20 Stunden bei einer 40-Stunden-Woche. Es kommt hier aber sehr auf die Art deiner Tätigkeit an. Wenn du langfristig mit ein paar wenigen Kunden zusammenarbeitest, brauchst du kaum Zeit für Kundenakquise und auch dein administrativer Aufwand ist eher gering. Dagegen musst du dich als Berater mit vielen kurzen Einzeleinsätzen deutlich mehr um Akquise kümmern.

Basierend auf deiner Situation kannst du nun deine verfügbare Arbeitszeit ermitteln. Wenn du zum Beispiel 25 Stunden pro Woche beziehungsweise 5 Stunden pro Tag abrechnen kannst, sind das bei 205 Arbeitstagen im Jahr 1.025 Stunden.

Schritt 3: Stundensatz berechnen

Du kennst jetzt deine abrechenbaren Arbeitsstunden pro Jahr. In diesen Stunden musst du deinen Jahresbedarf erwirtschaften. Nehmen wir an, du brauchst einen monatlichen Umsatz von 5.000 Euro. Das entspricht einem Jahresumsatz von 60.000 Euro. Wenn du pro Jahr 1.025 abrechenbare Stunden zur Verfügung hast, müsste dein Stundensatz dafür bei rund 58,50 Euro liegen.

Schön und gut, aber: Im Idealfall kannst du mit deiner Arbeit nicht nur deinen Bedarf decken, sondern dir ein schönes Leben ermöglichen und dein Vermögen wachsen lassen. Die Frage ist also nicht nur “Wie viel muss ich verdienen?”, sondern auch “Wie viel will ich verdienen?”. Als Freelancer kannst du schließlich selbst deine Preise bestimmen. Überlege dir also auch, was über deinen Bedarf hinaus dein gewünschter Umsatz ist. Vielleicht liegt dieser zum Beispiel bei 7.000 Euro monatlich, also 84.000 Euro im Jahr. In unserem Beispiel müsste dein Stundensatz dafür bei knapp 82 Euro liegen.

In der Praxis kann das für dich bedeuten: Du gehst mit deinem Wunsch-Stundensatz in eine Verhandlung, es ist für dich aber in Ordnung, wenn du dich mit dem Kunden auf einen etwas niedrigeren einigst. Der Stundensatz, der deinen Bedarf deckt, ist aber dein Minimum und du nimmst keine Projekte an, die darunter liegen.

Einfacher Stundensatz-Rechner für Freelancer

Hier findest du eine Tabelle, die das Vorgehen auf einen Blick veranschaulicht. Du kannst sie als Stundensatz-Rechner verwenden, indem du sie dir aufzeichnest und deine individuellen Zahlen einträgst. Wir haben sie beispielhaft ausgefüllt:

Bedarf im Monat 6.000 €
Bedarf im Jahr 72.000 €
Arbeitstage pro Jahr 205
Abrechenbare Stunden pro Tag 5
Abrechenbare Stunden pro Jahr 1.025
Bedarf im Jahr : Abrechenbare Stunden pro Jahr = Stundensatz ca. 70 €

Der Stundensatz-Kalkulator kann dir als Freelancer helfen, in einfachen Schritten deinen Stundensatz oder Tagessatz zu berechnen. Allerdings gibt es noch weitere Aspekte, die du bedenken solltest.

Übliche Stundensätze berücksichtigen

Der Ansatz, den wir bisher verfolgt haben, geht von deinen Bedürfnissen und Wünschen aus. Das ist gut, allerdings solltest du zusätzlich einen Abgleich mit den üblichen Freelancer-Stundensätzen in deiner Branche durchführen. Es liefert dir eine gute Basis für Verhandlungen, wenn du deinen Preis im Verhältnis zum Durchschnitt einschätzen kannst.

Wirf hierfür zum Beispiel einen Blick in Statistiken oder sprich mit anderen Freelancern aus deinem Bereich. Berücksichtige außerdem verschiedene Faktoren wie deine Erfahrung, deine Spezialisierungen und die entsprechende Nachfrage. So wirst du dir über deinen Marktwert klar. Und wer weiß, vielleicht bemerkst du dabei, dass du sogar mehr verlangen kannst, als du eigentlich dachtest?

Stundensatz oder Tagessatz: Was ist besser?

Alternativ zum Stundensatz kannst du als Freelancer nach Tagessatz abrechnen. Das bietet sich an, wenn du große Aufgabenpakete für einen Kunden erledigst und vielleicht immer nur ein oder zwei Auftraggeber auf einmal hast. Dann ermittelst du mit diesem Modell genau, wie viel du in einer Woche oder einem Monat verdienen wirst.

Beim Tagessatz musst du deine Zeiterfassung nicht ganz so genau machen und nicht jede Aufgabe einzeln erfassen. Du sparst dir also administrativen Aufwand und arbeitest einfach einen Tag lang für den Kunden. Das funktioniert aber nur, wenn das Projekt und dein eigenes Set-up das hergeben. Vielleicht arbeitest du zum Beispiel aus persönlichen Gründen oft nur halbe Tage. Dann musst du trotzdem deine Stunden erfassen und aus den Paketen Tage bilden, hast also in dieser Hinsicht nichts gewonnen.

Um deinen Freelancer-Tagessatz zu berechnen, kannst du deinen Jahresbedarf durch die möglichen Arbeitstage teilen. Alternativ kannst du einfach deinen Stundensatz mit acht multiplizieren. Bei diesem Ansatz erreichst du eine höhere Summe, weil du bei der Stundensatz-Berechnung wahrscheinlich nicht mit acht abrechenbaren Stunden pro Tag kalkuliert hast. Die niedrigere Summe kann in Ordnung sein, weil du vermutlich ohnehin nicht volle acht Stunden produktiv arbeitest und bei einer Abrechnung nach Stundensatz wahrscheinlich eine geringere Stundenzahl pro Tag erreichst. Achte aber natürlich darauf, dass der Preis trotzdem fair für dich ist.

Ergibt ein Stundensatz überhaupt Sinn?

Viele Selbstständige entscheiden sich für ein anderes Modell: Sie verkaufen nicht ihre Zeit, sondern eine feste Leistung, zum Beispiel ein Logodesign oder einen Blogartikel. Die Vorteile dabei:

  • Du weißt von Anfang an, wie viel dir ein Auftrag einbringt.
  • Der Kunde kennt den Preis ebenfalls sofort und es kommt nicht zu Fragen wie “Wäre das nicht auch schneller gegangen?”.
  • Wenn du viel Erfahrung hast, sehr produktiv bist und die Aufträge in kurzer Zeit schaffst, steigerst du deinen Gewinn.

Ob dieser Weg der richtige für dich ist, hängt von deinem Angebot ab. Wenn du nur klar definierte und gut kalkulierbare Leistungen erbringst, lohnt sich der Ansatz und du kannst dafür ein komplettes Angebot erstellen. Aber wenn du für einen Kunden viele verschiedene Aufgaben übernimmst, ist die Abrechnung nach Zeit oft einfacher. Auch wenn du noch recht neu als Freelancer bist und die Aufwände noch nicht so gut einschätzen kannst, ist das Modell Stundensatz oder Tagessatz oft besser. Sonst kann es dir passieren, dass du länger brauchst als gedacht und sich der Auftrag für dich weniger lohnt.

Selbst wenn du Leistungen mit Festpreis anbietest, ist es sinnvoll, zuerst deinen Stundensatz als Freelancer zu berechnen. Das ist eine gute Basis, um deine Preise zu definieren. Du kalkulierst dann einfach, wie lange du für eine Aufgabe durchschnittlich brauchst, und setzt deinen Wunsch-Stundensatz an.

 

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Dunja Reiber

Dunja Reiber ist als Texterin und Content-Marketing-Expertin auf Themen rund um New Work und Freelancing spezialisiert. Sie war in einer Content-Marketing-Agentur und einem Software-Start-up tätig, bevor sie zur Vollzeit-Freelancerin wurde.

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