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Scheinselbstständigkeit erkennen: Die Checkliste für 2023

Oft merken Unternehmen gar nicht, wenn es bei der Arbeit mit Freelancern zu einer Scheinselbstständigkeit kommt. Hier gibt es die Kriterien und Checkliste.

Dunja Reiber
Dunja Reiber

Jan 05, 2023

Wenn Freelancer formal selbstständig sind, aber von ihrem Auftraggeber wie Angestellte behandelt werden, liegt eine Scheinselbstständigkeit vor. Das ist mit ernsthaften Konsequenzen verbunden, besonders für die Kundenseite. Weitere Informationen geben wir in diesem Artikel. Viele Unternehmen wünschen sich deshalb eine Checkliste mit klaren Kriterien für Scheinselbstständigkeit, um vorbeugen zu können. Wir liefern hier einen Überblick.

Ab wann beginnt eine Scheinselbstständigkeit?

In vielen Fällen ist eine Scheinselbstständigkeit von beiden Seiten nicht beabsichtigt und wird oft auch lange Zeit gar nicht bemerkt. Sie ergibt sich vielmehr durch die Umstände, wenn ein Freelancer nach und nach immer mehr Aufgaben für ein Unternehmen übernimmt. Was zum Beispiel als einfacher Beratungsauftrag begann, kann durch Übernahme weiterer Tätigkeiten zu einer Beschäftigung werden, die der eines Angestellten entspricht. Der Freelancer wird immer stärker in das Unternehmen integriert, erhält eine interne E-Mail-Adresse, arbeitet regelmäßig im Büro und stimmt seinen Urlaub mit dem Team ab.

Im Falle einer Prüfung kann der Freelancer als scheinselbstständig eingestuft werden, auch wenn das dem Auftraggeber nicht bewusst war. Unwissenheit schützt nicht vor den Folgen, die bis zu einer Freiheitsstrafe reichen können. Mehr zu den Konsequenzen gibt es in unserem Artikel “Scheinselbstständigkeit: Mögliche Folgen für Auftraggeber”.

Um Scheinselbstständigkeit rechtzeitig zu erkennen oder - noch besser - vorbeugen zu können, ist es wichtig, die Kriterien für eine Scheinselbstständigkeit zu kennen. Bei einer Prüfung wird immer der Einzelfall betrachtet. Es kommt also auf die Kombination von Indikatoren an, die dafür sprechen, dass eine abhängige Beschäftigung des Freelancers vorliegt. Deshalb gibt es auch keine abschließende offizielle Checkliste für Scheinselbstständigkeit. Trotzdem lassen sich einige Anzeichen definieren, die Unternehmen helfen, auf der sicheren Seite zu bleiben.

Kriterien für Scheinselbstständigkeit 2023

Die folgenden Punkte sprechen für eine Scheinselbstständigkeit, wenn sie bei einem Freelancer festgestellt werden:

  • Weisungsgebundenheit: Er kann seine Leistungen nicht frei erbringen, sondern muss sich genau an Vorgaben halten. (Briefings oder vereinbarte Deadlines sind allerdings unproblematisch.)
  • Eingliederung ins Unternehmen: Er ist in interne Prozesse integriert und ein Unterschied zwischen ihm und den Angestellten ist kaum erkennbar.
  • Abhängigkeit: Der Freelancer ist wirtschaftlich dauerhaft vom Auftraggeber abhängig. Vielleicht erhält er sogar ein festes monatliches Entgelt unabhängig von den konkreten Leistungen.
  • Kein unternehmerisches Risiko: Er tritt nicht als Unternehmer auf (mit eigener Website, freier Preisgestaltung etc.).
  • Einschränkungen im Vertrag: Der Freelancer ist durch den Vertrag eingeschränkt und darf zum Beispiel parallel nicht für andere Auftraggeber arbeiten oder muss seinen Urlaub abstimmen.
In unserer Checkliste für Scheinselbstständigkeit im nächsten Absatz zeigen wir, was diese Kriterien in der Praxis bedeuten. 

Übrigens: Wenn ein Freelancer nur für einen Auftraggeber tätig ist, handelt es sich nicht automatisch um eine Scheinselbstständigkeit. Das ist ein häufiger Irrtum. Zwar kann der Einsatz in nur einem Unternehmen ein erster Hinweis sein, entscheidend sind aber die zusätzlichen Faktoren wie Weisungsgebundenheit und Eingliederung. Es kann durchaus vorkommen, dass ein Freelancer durch ein großes Projekt für eine bestimmte Zeit nur für einen Auftraggeber arbeiten kann. Dieser Zustand sollte sich allerdings nicht über viele Jahre erstrecken.

Scheinselbstständigkeit erkennen: Checkliste 2023

Auf Basis der genannten Kriterien für Scheinselbstständigkeit lässt sich eine Checkliste erstellen. Sie enthält häufige Merkmale dafür, dass ein Freelancer scheinselbstständig ist. Wenn ein Unternehmen viele der Fragen mit “ja” beantwortet, besteht das Risiko einer Scheinselbstständigkeit. Je mehr Fragen es dagegen mit “nein” beantwortet, desto geringer ist das Risiko.

  • Werden dem Freelancer Anweisungen erteilt, die über eine nötige Abstimmung hinausgehen?
  • Gibt der Auftraggeber ihm die Arbeitszeiten vor?
  • Nutzt der Freelancer das Equipment der Firma (Laptop, Handy etc.) und nicht seine eigenen Geräte?
  • Arbeitet er regelmäßig im Büro der Firma?
  • Hat er eigene Zugangsmöglichkeiten wie Schlüssel oder Codekarten?
  • Trägt er Arbeitskleidung der Firma?
  • Wurde der Vertrag mit einem Einzelunternehmer und nicht mit einer Kapitalgesellschaft (GmbH, UG usw.) geschlossen?
  • Erledigt der Freelancer die gleichen Aufgaben wie Angestellte des Unternehmens?
  • Gehört er dauerhaft zu einem Team, das außer ihm nur aus Angestellten besteht?
  • Muss er Urlaube vorab anmelden und freigeben lassen?
  • Muss er sich bei Krankheit abmelden?
  • Erhält er ein festes monatliches Entgelt anstatt einer Abrechnung nach Leistungen?
  • Wird er auch bei Krankheit oder Urlaub bezahlt?
  • Ist die Beauftragung des Freelancers so umfangreich, dass er keine weiteren Projekte annehmen kann?
  • Darf er keine weiteren Aufträge annehmen oder muss er erst eine Genehmigung dafür einholen?
  • Arbeitet er unbefristet und nicht projektbezogen?
  • Besitzt er Visitenkarten des Unternehmens?
  • Nutzt er eine E-Mail-Adresse der Firma ohne Hinweis auf seinen externen Status?
  • Ist er Teil von regelmäßigen Meetings, die mit seinen Aufgaben nichts zu tun haben?
  • Erhält er Vergünstigungen, die für Angestellte gedacht sind (zum Beispiel Mitgliedschaften, Essensgutscheine …)?

Falls in dieser Scheinselbstständigkeits-Checkliste mehrere Fragen bejaht wurden, ist es sinnvoll, die Situation zu prüfen und gegebenenfalls zu verändern, sodass das Risiko reduziert wird.

In unserem E-Learning fassen wir die Kriterien noch einmal übersichtlich zusammen:




Auf der sicheren Seite bei der Arbeit mit Freelancern

Wer die Kriterien für eine Scheinselbstständigkeit gut kennt, hat bereits den ersten Schritt gemacht, um rechtssicher mit Freelancern zu arbeiten. Ein wichtiger Grundsatz dabei: Freelancer sollten nicht wie Angestellte behandelt werden

Es ist empfehlenswert, gleich zu Beginn der Zusammenarbeit für das Thema zu sensibilisieren. Das gilt sowohl für das interne Team als auch für den Freelancer selbst. Gerade Neulinge, die zuvor angestellt gearbeitet haben, verfallen leicht in eine Scheinselbstständigkeit.

In unserem Artikel “4 Tipps, um als Auftraggeber Scheinselbstständigkeit zu vermeiden” geben wir weitere hilfreiche Hinweise.


Übrigens: Mit dem 9am Compliance Hub erhalten Unternehmen umfassende Unterstützung, um Scheinselbstständigkeit zu vermeiden, zum Beispiel mit einem Scheinselbstständigkeits-Check, einem E-Learning zum Thema und rechtssicheren Vertragsvorlagen für die Beauftragung von Freelancern. Mehr über den Compliance Hub erfahren.

Dunja Reiber

Dunja Reiber ist als Texterin und Content-Marketing-Expertin auf Themen rund um New Work und Freelancing spezialisiert. Sie war in einer Content-Marketing-Agentur und einem Software-Start-up tätig, bevor sie zur Vollzeit-Freelancerin wurde.

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