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Compliance

4 Tipps, um als Auftraggeber Scheinselbstständigkeit zu vermeiden

Wenn Unternehmen mit Freelancern arbeiten, ist Scheinselbstständigkeit ein wichtiges Thema mit ernsten rechtlichen Konsequenzen. Wie lässt sich das vermeiden?

Dunja Reiber
Dunja Reiber

Nov 10, 2022

Bei der Arbeit mit Freelancern befürchten viele Unternehmen rechtliche Konsequenzen durch eine Scheinselbstständigkeit. Das bedeutet, dass ein Freelancer auf dem Papier selbstständig ist, praktisch aber wie ein Angestellter behandelt wird. Die Konsequenzen können von Nachzahlungen für Sozialversicherungsbeiträge und Steuern über Geldstrafen bis hin zu einer Freiheitsstrafe reichen. Weitere Informationen gibt es in unserem Artikel "Was ist Scheinselbstständigkeit? Definition und Tipps". Wir erklären, wie Auftraggeber das Risiko einer Scheinselbstständigkeit möglichst gering halten können.

1. Freelancer projektbezogen beauftragen

Idealerweise sollten Freelancer ein genau abgegrenztes Projekt haben, für das sie eingesetzt werden, zum Beispiel die Programmierung einer Website. Anders als Angestellte sollten sie keine Aufgaben übernehmen, die unabhängig davon anfallen, also auch keine Vertretung für angestellte Mitarbeiter übernehmen. Sie sollten nicht an Meetings teilnehmen, die mit diesem Projekt nichts zu tun haben, sondern zum Beispiel der allgemeinen Information der Mitarbeiter dienen.

Natürlich ist es auch möglich, Freelancer dauerhaft zu beauftragen, ohne dass diese gleich scheinselbstständig sind. Dann ist es aber besonders wichtig, dass die Aufgaben klar abgegrenzt sind und nicht nach und nach erweitert werden.

2. Eingliederung in die Organisation möglichst gering halten

Je unabhängiger der Freelancer arbeitet, desto besser. Dazu gehört zum Beispiel:

  • Er nutzt sein eigenes Equipment.
  • Er arbeitet nicht oder nur gelegentlich in den Räumen des Unternehmens.
  • Seine Zeiten kann er frei einteilen und ist nicht an (Kern-)arbeitszeiten gebunden.
  • Er muss sich nicht krankmelden.
  • Er muss keinen Urlaub beantragen oder seine Abwesenheiten mit den Urlauben des Teams abstimmen.
  • Er hat nur dann Zugang zu internen Materialien, wenn sie für seine Arbeit nötig sind.
  • Er verfügt nicht über eine Unternehmens-E-Mail-Adresse. Falls das unbedingt nötig ist, enthält sie einen Hinweis auf seinen externen Status.

Natürlich ist es in Ordnung, wenn der Freelancer zum Beispiel vorab über seine Abwesenheiten informiert oder zur besseren Abstimmung ab und zu im Büro vorbeikommt. Wichtig ist dabei, dass er nicht wie ein Angestellter behandelt wird, sondern so wenig wie möglich eingegliedert ist.

Deshalb sollte er auch nicht als Teil eines Teams gemeinsam mit Angestellten arbeiten und sich Aufgaben mit ihnen teilen. Stattdessen sollte er eigenständig an den Aufgaben arbeiten oder Teil eines Teams aus Freelancern sein. (Letzteres ist gerade im IT-Bereich eine gute Möglichkeit, um trotz Einsatz von Freelancern agil arbeiten zu können.)

3. Keine Weisungen erteilen

Seine Leistungen sollte der Freelancer eigenständig erbringen können. Die Vorgaben dazu sollten sich deshalb auf ein Minimum beschränken. Natürlich sind ein Briefing oder die Festlegung von Deadlines kein Problem, es sollte aber kein Micromanagement erfolgen. Außerdem sollten keine zusätzlichen Aufgaben spontan übertragen werden, wie es vielleicht bei einem Mitarbeiter üblich ist, schon gar nicht mit Zeitvorgaben.

Die Weisungsabhängigkeit ist ein wichtiges Kriterium für Scheinselbstständigkeit, weil sie darauf hindeutet, dass der Freelancer ähnlich wie ein Arbeitnehmer behandelt wird. Sie sollte in allen Bereichen vermieden werden, also zum Beispiel auch bei den bereits genannten Arbeitszeiten.

4. Vertrag korrekt formulieren und praktisch umsetzen

Der Vertrag ist die Basis für die Zusammenarbeit. Deshalb sollte er so gestaltet sein, dass er die Eigenständigkeit des Freelancers betont. Dazu gehört zum Beispiel, dass der Freelancer ohne Genehmigung für weitere Auftraggeber tätig sein darf, frei in der Wahl seines Arbeitsortes ist, nicht an Arbeitszeiten gebunden ist und für die Erbringung seiner Leistungen weitere Personen beauftragen kann, ohne eine Genehmigung einholen zu müssen.

Wichtig ist allerdings, dass die Praxis dann auch dem Vertrag entspricht, denn entscheidend für die Beurteilung einer Scheinselbstständigkeit ist die tatsächliche Zusammenarbeit mit dem Freelancer.

 

In unserem E-Learning geben wir weitere Tipps zur Vermeidung von Scheinselbstständigkeit:

 

Übrigens: Mit dem 9am Compliance Hub erhalten Unternehmen umfassende Unterstützung, um Scheinselbstständigkeit zu vermeiden, zum Beispiel mit einem Scheinselbstständigkeits-Check, einem E-Learning zum Thema und rechtssicheren Vertragsvorlagen für die Beauftragung von Freelancern.

Dunja Reiber

Dunja Reiber ist als Texterin und Content-Marketing-Expertin auf Themen rund um New Work und Freelancing spezialisiert. Sie war in einer Content-Marketing-Agentur und einem Software-Start-up tätig, bevor sie zur Vollzeit-Freelancerin wurde.

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